Die Insel Chiloé im kleinen Süden Chiles ist definitiv einen Besuch wert. Wer in Chile unterwegs ist, sollte sich das nicht entgehen lassen. Neben der prächtigen Naturlandschaft gibt es viele Dörfer zu entdecken, alte Traditionen zu bestaunen und die gastfreundlichen Inselbewohner kennen zu lernen. In den fünf Wochen, die wir bis dato auf Chiloé verbracht haben, haben wir Stück für Stück die Insel erkundet und dabei auch so einige versteckte wahre Schätze entdeckt.
Unser erster Ausflug führt uns auf eine der kleineren Insel mit Namen Quinchao. Es gibt beinahe stündlich Minibusse welche von Castro, der Inselhauptstadt übersetzen bis nach Achao. Die Fahrt von circa einer Stunde kostet etwa 1.800 CLP (2,30 Euro). Es lohnt sich allerdings, einen Zwischenstopp in Dalcahue einzulegen, einer kleinen Stadt die auf der Strecke liegt. Dort sollte man sich keinesfalls den Handwerksmarkt (Feria Artesenal) entgehen lassen und auch der Kirche, welche zu 100% aus Holz erbaut ist und als UNESCO-Weltkulturerbe gilt, einen Besuch abstatten. Von Dalcahue legt auch die Fähre zur Insel Quinchao ab. Wir beschließen auf eigene Faust überzusetzen und lernen schon auf der Fähre ein junges Pärchen kennen, welches uns im Auto mitnimmt bis Achao. Achao ist ein nettes kleines Dorf, das zu einem Spaziergang durch das Dorfzentrum und am Strand entlang einlädt. Auch hier steht eine der 16 Weltkulturerbe-Holzkirchen, meiner Meinung nach die Schönste von allen. Die Architektur dieser Kirche hat mich so beeindruckt, dass ich mir in den Kopf gesetzt habe, alle 16 Holzkirchen sehen zu wollen. Aber davon mehr in einem anderen Blogeintrag.
Fähre von Dalcahue nach Quinchao
Aussichtspunkt über Achao
Holzkirche von Achao
Ebbe in der Bucht von Achao
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Unser nächster Ausflug bringt uns in den Osten der Insel. Auf den Spuren der UNESCO-Holzkirchen landen wir in einem kleinen Dorf namens San Juan, welches wir ansonsten sicher nie besucht hätten. Doch dieses Dorf hat uns tief beeindruckt. Die Anreise war etwas schwierig ohne privatem Fahrzeug, aber hat sich definitiv gelohnt. Mit dem Minibus fahren wir etwa eine Stunde bis zur Kreuzung mit der Straße die nach San Juan führt. Was wir nicht wussten: von hier aus müssen wir noch vier Kilometer laufen. Wir haben Glück und die erste Hälfte des Weges dürfen wir auf der Ladefläche eines PickUps mitfahren. Dann hieß es zu Fuß weiter, aber es war eine schöne Wanderung bei Sonnenschein durch wunderbare Landschaft, umgeben von Weideflächen, Bauernhöfen, Kühen und Schafen. Kurz vor San Juan heißt es noch einen kleinen Hügel zu erklimmen und von deren Spitze aus hat man einen unbezahlbaren Ausblick auf das Dorf zu seinen Füßen. Eingebettet zwischen dem Hügel und der Meeresküste liegt dieses wunderschöne kleine Dorf mit etwa 30 Häusern. Erst vor Ort erfahren wir, dass die Menschen hier hauptsächlich vom Schiffsbau und der Restaurierung von Schiffen leben. Beeindruckt schauen wir den Leuten bei ihrer Arbeit zu, die großteils von Hand erledigt wird und inspizieren die Holzkirche von außen, denn leider ist sie wie so viele am Land verschlossen. Es gibt sogar eine Privatunterkunft und einen Souvenirladen im Ort, doch wir machen uns mit dem nächsten Minibus auf zur vier Kilometer entfernten Wegkreuzung. Dort müssen wir umsteigen in einen weiteren Minibus, was in Chile schon mal bedeuten kann, bis zu 1,5 Stunden zu warten. Zum Glück schien noch immer die Sonne, auch wenn der Wind mittlerweile auffrischt.
Mitfahrgelegenheit im PickUp
Wanderung zum Dorf San Juan
Ausblick vom Hügel auf San Juan in der Bucht
Holzkirche von San Juan
Schiffsrumpf in Arbeit
Schiffe in Restaurierung, nebenan die Kirche
Schwarzhalsschwäne in der Bucht
Warten auf den Minibus
Unser nächster Halt auf diesem Ausflug ist Tenaún, ebenso ein kleines Dorf auf dessen Dorfplatz eine der schönen UNESCO-Holzkirchen steht. Mehr hat Tenaún allerdings nicht zu bieten. Nachdem es schon später Nachmittag ist, machen wir uns auf die Suche nach einer Unterkunft für die Nacht. Es stellt sich heraus, dass es hier ohnehin nur eine gibt: eine familiäre Privatunterkunft, die sich jedoch als sehr wohlige und gesellige Zimmervermietung herausstellt. Im ersten Stock des großen Familienhauses beziehen wir eines der vier zu vermietenden Zimmer mit Blick direkt aufs Meer. Wunderschön. Nachdem das einzige Restaurant im Dorf geschlossen hat, bietet uns die Hausherrin auch gleich hausgemachte Empanadas mit Fleisch bzw. mit Meeresfrüchten gefüllt zu einem unschlagbaren Preis von 3.000 CLP (3,80 Euro) das Dutzend an. Im Zimmerpreis von 7.500 CLP pro Person (9,60 Euro) ist auch noch ein Frühstück enthalten. Doch das netteste vom Abend war das gemeinsame Zusammensitzen rund um den Ofen in der Küche. Während die Hausherrin das Mittagessen für die ganze Familie für den nächsten Tag vorbereitet hat, haben wir uns die lang ersehnte erste Folge der neuen Teleserie, welche auf Chiloé spielt, angesehen.
Holzkirche am Dorfplatz von Tenaún
Ausblick vom Zimmerfenster aufs Meer
Sonnenuntergang in Tenaún
Am nächsten Tag machen wir uns auf zu den nahegelegenen Wasserfällen von Tocoihue. Wieder müssen wir einen der selten abfahrenden Minibusse abpassen. Der Chauffeur wartet noch auf eine Fuhre frisch gebackenes Brot aus der Bäckerei, dessen Duft uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. In der nächsten Ortschaft wird mitten auf der Straße angehalten, lautstark gehupt und das Brot von der Chefin eines Mini-Supermarktes abgeholt, wo es vermutlich zum Verkauf angeboten wird. So funktioniert der Zustelldienst am Land 😉 Ein Stück weiter lässt uns der Chauffeur an der Kreuzung zu den Wasserfällen aussteigen, wieder heißt es laufen, diesmal allerdings nur etwa 20 Minuten. Wir zahlen den Eintritt von 1.000 CLP pro Person (1,40 Euro) und sind erstaunt dass wir die einzigen Besucher sind. Doch wir freuen uns, können wir das Naturschauspiel ungestört genießen! Wir haben den richten Zeitpunkt für unseren Besuch ausgewählt, sagt man uns. Denn aufgrund der großen Regenmengen schießt das Wasser in starken Strömen in die Tiefe. Im Sommer ist lediglich ein kleiner Rinnsal zu sehen. Zurück an der Wegkreuzung mit der Landstraße heißt wieder auf unbestimmte Zeit warten auf den nächsten Minibus Richtung Castro.
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Ein anderer Ausflug bringt uns in den Süden der Insel. Es heißt, der Süden ist nicht sehr sehenswert, da es sich bei der kleinen Stadt Quellón um eine Industriestadt handelt, in der hauptsächlich Arbeiter von auswärts leben. Wir wollen uns den Süden dennoch ansehen. Außerdem hat man uns erzählt, dass es hier im südlicheren Teil der Insel viele Dörfer gibt, in denen die direkten Nachfahren der Urbewohner namens Mapuche leben. Die Nachfahren der Mapuche, so sagt man, leben noch sehr stark in ihren alten Traditionen verwurzelt und deren "Medizinmänner" wenn man sie so nennen will, therapieren mit alternativer Medizin und Kräutern. Das interessiert mich stark, denn noch immer ist mein Immunsystem leicht angeschlagen und die Schulmedizin stößt an ihre Grenzen. Leider kann uns niemand aus unserem Freundeskreis genauere Kontaktdaten nennen, lediglich dass es eine Frau in einem Dorf namens Weketrumao am Weg nach Quellón gibt. Per Anhalter reisen wir Richtung Süden und benötigen für die nur 80 Kilometer ganze fünf Mitfahrgelegenheiten. Aber wir haben dadurch sehr viele interessante Leute kennen gelernt. Einer der LKW-Fahrer zum Beispiel transportiert Lachs von der Lachsplantage zur Fabrik im Norden der Insel, wo sie weiter verarbeitet werden. Er hat uns angeboten, bei unserer Rückkehr nach Castro einen Lachs zu schenken. Wow! Und er hat Wort gehalten. Am Tag nach unserer Rückkehr haben wir einen leckeren Lachs von etwa einem Kilo im Ofen zubereitet und zu sechst daran geschmaust! Am letzten Stück Richtung Süden nimmt uns ein junger Mann mit, der uns in Weketrumao absetzt und uns außerdem mit seiner Freundin in Kontakt bringt, die auch einen Kontakt zu einer "Medizinfrau" hat. Weketrumao stellt sich als Ansammlung von etwa zehn Häusern heraus. Als wir an die erste Haustüre klopfen, kommt uns eine alte Dame entgegen, mit einem Hammer "bewaffnet". Scheinbar sind fremde Besucher hier nicht so häufig anzutreffen. Freundlich, doch in einem sehr schwer verständlichem Dialekt der Mapuche gibt sie uns zu verstehen, dass die gesuchte Dame der alternativen Medizin nur sehr selten hier anzutreffen ist und keine weiteren Kontaktdaten für uns hat.
Na gut, setzen wir unseren Weg nach Quellón fort und sehen uns mal die Stadt an. Es ist wahr, die Stadt selbst ist nicht sehr schön und in den Straßen wimmelt es nur so von Industrie- und Hafenarbeitern. Die Fería Artesania (Handwerksmarkt) ist aber auch hier einen Besuch wert. Das Schöne am Süden sind wohl die vorgelagerten Inseln, die mittels einer kleinen Fähre besucht werden können. Auch gibt es einige Agenturen, die Ausflüge zu einer Pinguinkolonie oder Wal- und Delphinbesichtigungen anbieten. Das wohl sehenswerteste in Quellón ist der "Hito Zero", Start- oder Endpunkt der Ruta Panamericana, die in Alaska beginnt und hier in Quellón endet. Auch wir sind sie beinahe den ganzen Weg vom Norden weg in Chile befahren und auch Strecken in Peru haben wir auf der Panamericana zurück gelegt. Da müssen wir doch unbedingt auch am Hito Zero vorbei schauen 😊 Wir bleiben eine Nacht in einer Cabaña und wollen am nächsten Tag unsere Suche nach der "Medizinfrau" fortsetzen.
Hito Cero, der Start- oder Endpunkt der Panamericana
Unsere Suche führt uns schließlich nach Natri bajo, einer kleinen Ortschaft auf halbem Weg Richtung Norden zwischen Quellón und Castro. Dank unserer letzten, bereits erwähnten Mitfahrgelegenheit erfahren wir vom Zentrum für alternative Medizin "Mapu Ñuke" in Natri bajo. Das Zentrum ist eine wunderbare Institution zur Aufrechterhaltung der Traditionen der Mapuche in Zusammenarbeit mit der regionalen Regierung. Uns wird auch erzählt, dass in den Volksschulen in dieser Gegend hier die Sprache der Mapuche gelehrt wird. Wir bekommen einen Termin für übermorgen und ich bin wahnsinnig froh, endlich eine tolle Alternative zur Schulmedizin gefunden zu haben. Die Alternativmedizinerin in diesem Zentrum stellt ihre Diagnose über Druck auf die Fußreflexzonen und ich bin beeindruckt wie genau sie meine großteils schon bekannten Wehwehchen diagnostiziert. Als Therapie verschreibt sie uns Tropfen aus verschiedenen Kräuteressenzen, die sie selbst herstellt sowie jede Menge Ratschläge über Ernährungs- und Lebensgewohnheiten. In der Region ist sie eine hoch anerkannte Medizinerin der alten Schule der Mapuche.
Die beiden Tage der Wartezeit auf den Termin verbringen wir in Natri, der Nachbarortschaft von Natri bajo am gleichnamigen See Natri. Wir versuchen unser Glück wieder mit Autostopp, doch diesmal ist uns das Glück nicht wohlgesonnen. Noch dazu beginnt es ausgiebig zu regnen, was die Autofahrer noch weniger anhalten lässt, denn wer will schon zwei waschelnasse Anhalter in sein Auto laden. Nach 40 Minuten Fußmarsch in Richtung Natri sehen wir ein paar Arbeiter am Straßenrand Gras schneiden. Einfach drauf los frage ich den Chef der soeben mit seinem PickUp zu seinen Arbeitern gekommen ist, mit flehendem Blick ob er uns nicht bis Natri mitnehmen könnte. Leider muss er noch einen weiteren Stopp bei Arbeitern einlegen, doch am Rückweg, sofern wir dann noch auf der Straße unterwegs sind. Was für ein Glück, die letzten zehn Kilometer gabelt er uns im strömenden Regen auf und setzt uns vor einem Hostel ab. Mit einem etwas schlechtem Gewissen, dass wir sein Auto völlig durchnässt haben, bedanken wir uns großzügig bei ihm.
Wir wussten nicht, was Natri zu bieten hat, doch es war wieder einmal ein wunderbares Erlebnis. Unterschlupf finden wir in einer Privatunterkunft direkt am See. Eine junge Frau in unserem Alter heißt uns in ihrem Haus herzlich willkommen und bietet uns das Zimmer für 7.500 CLP pro Person und Nacht (9,60 Euro) an. Am Abend verkochen wir noch unsere Reste vom Vortag und lernen ihre kleine Tochter und ihren Ehemann kennen. Die Tochter schließt uns gleich ins Herz und lässt uns nicht mehr aus 😅 und auch mit ihren Eltern entwickelt sich eine starke Sympathie. Am nächsten Tag wurden wir von ihr eingeladen, gemeinsam mit ihnen zu Abend zu essen und ich habe ein wenig österreichische Kultur in Form eines Kaiserschmarrens beigesteuert. Wir haben uns so prächtig verstanden, dass wir im schlußendlich eingeladen wurden, noch einmal bei ihnen vorbei zu schauen, diesmal als Freunde und ohne Bezahlung. Das sind wunderbare Momente und man kann ihnen mit Worten gar nicht so viel Ausdruck verleihen wie man im Herzen fühlt. Natri selbst ist eher ein Erholungsort für den Sommer. Direkt am See gelegen bietet die Gegend schöne Strände und lädt zum Baden ein. Wir starten den Versuch am Seeufer entlang zu wandern, was zwar landschaftlich sehr schön ist, aber aufgrund der tagelangen Regengüsse uns immer wieder vor Herausforderungen in Form von überlaufenden Bachläufen, überdimensionalen Wasserlacken oder knöcheltiefen Schlammlöchern stellt. Das ist Chiloé im Frühling 😉
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Mit unseren Freunden Carlos Mario und Claudia und deren Kindern machen wir einen Tagesausflug nach Ancud und weiter an den Strand der Pingüineras Puñihuil im Norden der Insel. Ancud hat meiner Meinung nach nicht viel zu bieten, außer einigen Märkten mit einer großen Auswahl an Obst, Gemüse und frischen Fischen und Meeresfrüchten und guten Restaurants mit typisch chilotischer Küche. Wir kehren in einem der Marktrestaurants ein und lassen uns die leckeren Speisen wie eine Riesen-Empanada, Chupe de Jaiba (so etwas wie ein Krebsfleisch-Auflauf) und eine Fisch- und Meerefrüchtesuppe schmecken.
Nach dem Essen geht es weiter ein Stück nach Westen zur Pinguinkolonie Pingüinera Puñihuil. Wir sind mit dem Auto unterwegs, doch gibt es auch mehrmals am Tag einen Minibus der vom Regionalbusterminal in Ancud zur Pingüinera fährt. Vor Ort sieht es sehr touristisch aus. Am Strand reihen sich die Tour-Anbieter Mann an Mann auf und bieten Bootstouren zur Pinguinkolonie auf der nahe gelegenen Insel an. Anfang Oktober ist gerade erst Saisonbeginn für die Pinguine. Man sagt uns, dass zwar schon ein paar Pinguine auf der Insel seien, aber der Großteil sich erst im Dezember hier ansiedeln wird. Die Bootstour kostet jetzt außerhalb der Saison 7.000 CLP pro Person (9 Euro), was uns für eine halbe Stunde Bootsfahrt und ein paar wenige Pinguine zu teuer ist. Außerdem lässt das Wetter wieder zu wünschen übrig, denn es bläst ein kalter Wind vom Meer herüber und zwischendurch fallen auch immer wieder ein paar Regentropfen. Mit dem Auto über den Strand düsend gelangen wir bis ans Ende des Sandstrandes und gehen zu Fuß weiter. Wir erklimmen die kleinen Felsen in der Bucht und dringen tiefer in jene steinigen Regionen vor, an denen auch hier im Sommer die Pinguine nisten. Heute jedoch ist noch keiner hier, doch wir können Vögel und Seesterne beobachten und haben einen gewaltigen Ausblick über die Küste.
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Das sind nur ein paar wenige jener Orte, die man auf dieser wundervollen Insel erkunden kann. Nicht nur die große Insel Chiloé, wie sie hier genannt wird, auch die vielen kleinen vorgelagerten Inseln sind einen Besuch wert. Es gibt unzählige Orte, an denen es wunderbare Landschaften zu bestaunen, leckere und hausgemachte chilotische Speisen zu probieren und neue Bekanntschaften mit den gastfreundschaftlichen Inselbewohnern zu schließen gibt. Wir finden, das Inselarchipel Chiloé ist einer der schönsten Plätze die es in Chile zu sehen und erleben gilt!
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