Von Peru nach Bolivien abseits der Touristenpfade

Nach entspannenden zehn Tagen im Isuyama Hostel im Regenwald von Tambopata (Peru) sind wir am 18. Juli wieder aufgebrochen um unseren Weg durch Südamerika fortzusetzen. Wohin? - Das wussten wir in diesem Moment selbst noch nicht. Wir hatten so eine vage Vorstellung davon, über den Norden und Osten von Bolivien nach Paraguay zu kommen, doch konnten wir dazu keine konkreten Tipps von anderen Reisenden, auch nicht aus dem Internet, kriegen. Scheinbar verließen wir hier die touristischen Trampelpfade und mussten uns ab jetzt immer vor Ort über die weitere Verbindung informieren.
Unsere sehr lieb gewonnen Gastgeber Roger und Maria vom Isuyama Hostel geben uns die ersten Anweisungen bis über die Grenze nach Brasilien. Brasilien? Aber wir wollen doch nach Bolivien...?! Es stellt sich heraus, dass die Straße welche uns nach Bolivien bringen soll, parallel zur Grenze auf der brasilianischen Seite verläuft. Aha! Na dann halt über Brasilien nach Bolivien.


Roger setzt uns mit seinem neuen "Moto-Auto" bei einem Busunternehmen in Puerto Maldonado ab. Wann denn die nächste Fahrt nach Iñapari geht fragen wir nach. So in etwa 20 Minuten kam als Antwort. Iñapari ist die letzte Stadt auf peruanischer Seite, einen grenzüberschreitenden Transport gibt es nicht, wir müssen uns mehrmals ein neues Transportmittel suchen.
Die angekündigten 20 Minuten Wartezeit verwandelten sich schließlich in 1,5 Stunden, aber dann endlich war der Minibus voll und wir konnten starten. Wir erfahren, dass die Minibusse auf Kurzstrecken keine fixen Fahrpläne haben, wenn der Bus voll ist, wird abgefahren. Und das kann manchmal eben dauern. Nach vier Stunden Fahrzeit sind wir endlich in Iñapari angekommen. Da es inzwischen Nachmittag geworden ist und wir noch nicht wissen wie lange die Reise durch Brasilien dauern wird, beschließen wir die Nacht in einem Hostel zu verbringen und am nächsten Tag die Grenze zu überschreiten. Da das Immigrationsbüro in Iñapari am entgegengesetzten Ende der Stadt liegt, sind wir dankbar, dass wir den Ausreisestempel aus Peru netterweise schon am Abend bekommen.

Am nächsten Morgen wollen wir voller Motivation gleich Richtung Grenze los starten. Die Hostel-Rezeptionistin weist wenig auskunftsfreudig auf eine nahe gelegene Brücke deren Ende wir durch die Kurve nicht sehen können: auf der anderen Seite müsst ihr ein Taxi in Brasilien nehmen. Aha. Wieder so eine kuriose Angabe mit der wir nicht viel anfangen können. Wir nehmen uns lieber eines der günstigen und lieb gewonnen Moto-Taxis bis "dort" hin. Es stellt sich heraus, dass es fußläufig tatsächlich nur zehn Minuten gewesen wären. Das Moto-Taxi bringt uns noch ein Stück weiter bis zur Grenzkontrolle und auf den letzten 50  Metern fährt bereits ein brasilianisches Taxi neben uns her um uns aufzunehmen. Wir verhandeln den Preis, denn er wollte uns eindeutig zuviel abknöpfen und warten noch auf einen weiteren Fahrgast. Als der Grenzbeamte meinen österreichischen Pass sieht, beginnt er zu meiner Überraschung in relativ gutem Deutsch zu plaudern. Er erzählt mir, dass er etwa ein Jahr in Deutschland gearbeitet und es ihm sehr gefallen hat. Wir erhalten unsere Einreisestempel und weiter geht's.


Die zweistündige Fahrt im Taxi bis zur Grenzstation Brasilien/Bolivien war ein wahres Abenteuer. Wir sind froh nicht den Minibus genommen zu haben, der zwar billiger ist, aber nur alle heiligen Zeiten abfährt und noch dazu doppelt so lange für die Strecke braucht. Außerdem möchte ich mir die Fahrt im sicherlich ungemütlichen brasilianischen Minibus gar nicht mal vorstellen. Die Fahrt im Taxi gleicht einem Computerspiel, bei dem man immer wieder Hindernissen auf der Strecke ausweichen muss. In diesem Fall sind die Hindernisse Schlaglöcher in verschiedensten Größen und Formen. Mal ist der Asphalt nur ein wenig aufgebrochen, mal sehen wir einen Krater von 10cm Tiefe und 2 Meter Durchmesser vor uns. Wir machen uns einen Spaß daraus und fiebern mit dem Fahrer mit: Schlagloch am rechten Fahrbahnrand, etwas nach links ausweichen - Asphalt aufgebrochen in der Fahrbahnmitte, raus aufs Bankett -  Riesenkrater gerade voraus, auf die andere Spur wechseln, aber Vorsicht, da kommt ein LKW entgegen! Abbremsen und dann ausweichen! So geht das die gesamten zwei Stunden mit lautstarker brasilianischer Musik aus dem Radio 😄 Der Fahrer lässt uns schließlich beim Immigrationsbüro in Brasiliéa aussteigen und wir erledigen wieder unsere Papiere und bekommen den Ausreisestempel aus Brasilien.

Mittlerweile ist es mittags vorbei und uns plagt der Hunger. Hat der Taxifahrer nicht was von einer Churrascaria erwähnt? Brasilien ist ja bekannt für seine Churrascarias und das können wir uns nicht entgehen lassen! Die Beamtin gibt uns einen guten Restaurant-Tipp und wir lassen uns vom nächsten Taxi ins Stadtzentrum bringen. Das war die BESTE Entscheidung an diesem Tag! Soooo lecker gegessen haben wir in ganz Peru in den letzten vier Wochen nicht 😁 Wir bedienen uns am Beilagen-Buffet und stellen uns beim Küchen-Ausgabefenster um das Fleisch an. Zum Glück sind vier Personen vor mir an der Reihe um zu sehen was es da so alles gibt und wie man das bestellt. Die  riesigen Fleischspieße sehen einfach köstlich aus! Feinstes zartes Rinderfleisch über Holzkohle gegart. Wir bitten den Küchenchef mit Spanisch-Portugiesisch-Wortmischungen und vielen Gestikulationen um seine Empfehlung und lassen uns von verschieden Stücken etwas abschneiden und servieren. Dazu ein Glas "jugo natural de piña" (Ananas-Fruchtmus mit Wasser frisch aufgesprudelt) und das Essen ist ein perfekter Gaumenschmaus!


Gut gestärkt machen wir uns auf den weiteren Weg über die bolivianische Grenze. Die Kellnerin sagt uns, dass hier ständig Taxis vorbei fahren und uns nach Cobija bringen. Cobija liegt schon in Bolivien, auch wenn die beiden Städte aneinander kleben und nur durch die Grenzstation getrennt sind. Wir warten jedoch 20 Minuten vergeblich auf ein Taxi, scheinbar halten sämtliche Taxifahrer momentan Siesta. Es hält ein bolivianisches Fahrzeug mit einem Taxischild aus Karton in der Windschutzscheibe und bietet sein Service an. Das sieht definitiv nicht nach einem offiziellen Taxi aus, aber nach einer Wartezeit von mittlerweile 30 Minuten in der heißen brasilianischen Mittagssonne, schlagen wir die Vorsicht in den Wind und plaudern kurz mit dem Fahrer um einen ersten Eindruck von ihm zu bekommen und verhandeln den Preis. Zehn Minuten später passieren wir schon die Grenze und hätten aufgrund der angeregten und interessanten Unterhaltung fast vergessen unseren Einreisestempel abzuholen 😅 Wir fragen den Fahrer ob er ein günstiges Hostel in Cobija kennt und er setzt uns nahe des Stadtzentrums ab. Das Hostel ist schlicht, aber für eine oder zwei Nächte akzeptabel. Und das Süßeste hier ist der kleine Kater, der auch hier wohnt. Er erinnert uns sowohl im Aussehen als auch durch seine Art an Sherlock, unseren jungen Kater den wir während unserer Reise in die Obhut meines Cousins gegeben haben. Max heißt er und bleibt sofort voller Vertrauen bei uns im Zimmer und genießt die Streicheleinheiten.


Da waren wir also - in Bolivien. Und jetzt? Wir durchkämmen wieder einmal Landkarten, Google Maps und Erfahrungsberichte anderer Backpacker im Internet. Es scheint, als ob der weitere Weg über Land sehr unbequem werden könnte. Lange Distanzen von bis zu zehn Stunden, schlechte Straßen und wenige Busverbindungen. Was uns ebenfalls nicht bewusst war: das tropische Klima und die Ausläufer des Regenwaldes ziehen sich bis in die Landesmitte Boliviens und würden uns voraussichtlich die nächsten drei bis vier Wochen noch begleiten. Nachdem Alejandro ein Mann des Südens ist und im kalten Patagonien aufgewachsen ist, macht ihm die tägliche Hitze mit mehr als 30 Grad (auch die Nächte kühlen nur minimal ab) mittlerweile zu schaffen. Was also tun wenn der einzige Weg nach Paraguay erst wochenlang durch die große Hitze und anschließend wie es scheint durch ewige Pampa führt...? Wir sind unschlüssig und wissen momentan nicht so recht weiter....



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